Cannabis und die Verhexung der Sprache
„Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unseres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache.“
Ludwig Wittgenstein, Tractatus Logico-Philosophicus (1922)
Als sprachanalytischer Philosoph habe ich mich lange intensiv mit der Rolle der Sprache für unser Denken beschäftigt. Die zentrale Einsicht der Sprachanalyse ist, dass unser Denken maßgeblich durch die Art und Weise geprägt wird, wie wir Sprache verwenden, und alle unsere Handlungen basieren auf unserem Denken. Deshalb ist es unerlässlich, unsere Sprache kritisch zu reflektieren, um zu klareren und tieferen Einsichten zu gelangen – und unser Handeln danach auszurichten.
Bereits vor über 25 Jahren habe ich mich auf kontemporäre Bewusstseinstheorien fokussiert und deshalb intensiv den veränderten Bewusstseinszustand des Cannabis Highs erforscht. Je länger ich dazu forschte, desto offensichtlicher wurde für mich, wie stark unser Denken in Bezug auf Cannabis vor allem seit den 1930er Jahren in den USA durch gezielte Manipulation verzerrt wurde – und wie die uns überlieferte Sprache bis heute unser Denken und Handeln „verhext“.
Warum unsere Sprache über Cannabis die Debatte vergiftet
Die Sprache und Metaphorik rund um Cannabis haben unsere Perspektive auf die Pflanze tiefgreifend geprägt und beeinflussen bis heute nicht nur den Umgang mit THC-haltigem Cannabis, sondern auch mit Nutzhanf und dem daraus gewonnenen Cannabidiol (CBD). Jahrzehntelange staatliche Propaganda führten zu einem anhaltenden Stigma, das Hanf pauschal als gefährlich und unerwünscht brandmarkte. Diese negative Konnotation schlug sich in strengen Regularien auch für Nutzhanf und CBD nieder: Nutzhanf durfte entweder gar nicht oder später erst unter so extrem strengen Auflagen angebaut werden und in vielen Ländern gibt es immer noch keine eindeutigen und sinnvollen Regularien bezüglich von CBD Produkten. (In der Schweiz gibt es zum Glück bereits klare Regulierungen von Hanf- und CBD-Produkten und HEIMAT garantiert durch strenge Qualitäts- und Inhaltskontrollen, dass diese eingehalten werden.)
Das durch die Sprache weiter getragene Stigma bezüglich Cannabis und Hanf führt seit Jahrzehnten immer noch zu Scham, Missverständnissen, Angst und Zurückhaltung in der Gesellschaft.
Die Macht der Metaphern
Der einflussreiche Linguist und Kognitionswissenschaftler George Lakoff wurde vor allem durch seine Arbeiten zur Metapherntheorie und zur politischen Sprache bekannt. In seinem einflussreichen Buch „Metaphors We Live By“ (1980, mit Mark Johnson) argumentiert er, dass Metaphern unser gesamtes Weltbild formen – und er hat immer wieder betont, dass vor allem rechte Think Tanks (Denkfabriken) in den USA sich diese Tatsache gezielt in politischen Debatten zunutze machten, um diese Debatten durch Einführung bestimmter Metaphern zu strukturieren, ein Prozess, den er „framing“ nennt.
So analysiert Lakoff z.B. die von George W. Bush im Präsidentschaftswahlkampf 2000 verwendete Metapher „tax relief“ als ein klassisches Beispiel für politisches „Framing“. Nach Lakoff ruft der Begriff „relief“ („Erleichterung, Linderung von Schmerzen“) einen bestimmten Deutungsrahmen hervor: Der Steuerzahler ist eine unschuldige, leidende Person, die Ursache des Leidens sind die Steuern als Verletzung oder Krankheit, und es gibt einen Helden, die Politiker, die um Linderung ringen, indem sie die Steuern senken. Wer gegen diese „Linderung“ argumentiert, wird im Frame automatisch zum Bösewicht, der das Leiden aufrechterhalten will.
Lakoff wies die Demokraten darauf hin, dass sie einen großen Fehler begingen, den Begriff „tax relief“ überhaupt in der Debatte aufzunehmen, weil die Metapher dahinter fundamental ihrem eigenen Weltbild widerspricht. Die Sicht der Demokraten sei ja, dass angemessene Steuern mit höheren Steuersätzen für Vermögende prinzipiell keine „Verletzung“ darstellen, sondern eine gute Investition für eine solidarische Investition z.B. in ein gutes Gesundheitssystem sind, wovon dann alle profitieren.
Es gab keinen „War on Drugs“
Auch der Begriff „War on Drugs“ wurde 1971 von einem US-Präsidenten, nämlich von Richard Nixon, geprägt und für politische Zwecke eingesetzt.
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Mein Artikel erschien zuerst bei der Schweizer Cannabismarke & Hanf Marke HEIMAT und ist abrufbar im Bereich „Wissenswertes“ (heimatkult.ch).